Die Zukunft von Wartungsarbeiten an Schaltanlagen bei der Siemens Power Academy

Kay Bretschneider, Siemens, Global Head of Power Academy im Interview
Kay Bretschneider, Siemens, Global Head of Power Academy im Interview
Freitag, 13. Oktober 2023

Bei der Langen Nacht der Wissenschaften können sich die Besucher*innen bei der Siemens Power Academy über die Zukunft der Wartungsarbeiten an Schaltanlagen informieren: Mit Mixed-Reality-Technologien bieten Sie innovative Ansätze. Wie kann man sich das vorstellen?

Mixed-Reality (MR) kombiniert die physische Welt mit der digitalen Welt,  um interaktive und immersive Erfahrungen zu schaffen. Im Rahmen der  LNDW werden wir u.a. Einblicke in ganzheitliche Trainingsszenarien geben, wo bspw. eine MR-Brille zur Unterstützung des Servicepersonals im  Agieren an einer Mittelspannungsschaltanlage Anwendung findet. Für die Besucher*innen heißt das, sie können live eintauchen und MR in  verschiedenen Situationen erleben. Zum Beispiel wie MR die Arbeit visuell unterstützt: Die Besucher*innen könnten eine MR-Brille tragen und die Schaltanlage in der physischen Umgebung sehen, wobei gleichzeitig digitale Informationen bzw. Anweisungen in ihr Sichtfeld eingeblendet werden. Wie wir die Mitarbeiter virtuell schulen: Die Besucher*innen bekommen einen Eindruck, wie im Rahmen der Power Academy Schulungssimulationen – SiEmergy™ – auch Metaverse Technologien eingesetzt werden, um reale Problemstellungen im Energieverteilungs- und Energieübertragungsbereich komplett digital abzubilden und für verschiedene Bereiche digital zu trainieren. Wie Fernwartung aussieht: Aus der Ferne bieten Experten Unterstützung, geben Anweisungen, während ein Techniker vor Ort die Wartungsarbeiten durchführt. Die Experten sehen dasselbe, was der Techniker sieht, und können so bei komplexen Problemen helfen. Dabei können die Besucher*innen in die Rolle eines Service-Technikers schlüpfen.

So wird also auch Unterstützung der Service-Techniker durch Remote-Service ermöglicht, richtig? Welche Vorteile ergeben sich daraus?

Ja, genau, die Verwendung von Mixed-Reality-Technologien ermöglicht eine Unterstützung der Service-Techniker vor Ort durch Remote-Services. Dies hat mehrere Vorteile. Die Zusammenarbeit zwischen einem Techniker vor Ort und einem Experten in der Ferne, kann faktisch gesehen jederzeit abgerufen werden kann. Der Experte kann dem Techniker genaue Anweisungen geben und sicherstellen, dass die richtigen Schritte durchgeführt werden. Dies minimiert menschliche Fehler und reduziert natürlich auch das Risiko von unerwünschten Ausfällen. Von einer komplett anderen Sichtweise her betrachtet ergibt sich eine Verlängerung der Anlagenlebensdauer. Stellen Sie sich vor, jedes Mal, wenn Sie an eine Anlage gehen, begleitet Sie ein Experte, ohne vor Ort sein zu müssen, und folglich wird die Wahrscheinlichkeit, Unregelmäßigkeiten frühzeitig zu erkennen und natürlich auch gleich zu beheben, deutlich erhöht. Dadurch können Schaltanlagen länger betriebsbereit gehalten werden, die Notwendigkeit für Neuanschaffungen wird reduziert.

Stichwort Nachhaltigkeit: Dabei kann sicherlich auch am CO2-Footprint gespart werden – wie nachhaltig ist ein solches System?

Ein Mixed-Reality-System für die Wartung von Schaltanlagen und Remote-Services mit Hilfe von Digitalisierung können in der Tat dazu beitragen, den CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Eine der offensichtlichsten Möglichkeiten ist die Reduzierung von Reiseaktivitäten. Dies führt zu einer erheblichen Senkung des CO2-Ausstoßes im Serviceumfeld. Außerdem kann durch die Fernwartung bzw. das Unterstützen eines Experten aus der Ferne das Risiko von Unfällen und damit auch potenzielle Umweltauswirkungen bspw. durch den Austritt schädlicher Substanzen minimiert werden.

Was denken Sie, wie sieht die Zukunft der Wartung aus? Kann künftig auf den Besuch des Service-Technikers verzichtet werden?

Die Zukunft der Wartung wird zweifellos von fortschrittlichen Technologien und Innovationen geprägt sein. Mittel- bis langfristig ist es zwar eher unwahrscheinlich, dass der physische Besuch eines Service-Technikers komplett unnötig wird, jedoch zeichnet sich ab, dass sich die Durchführung von Wartungsarbeiten drastisch wandelt. Neben den vielversprechenden Ansätzen von Mixed und Augmented Reality gibt es natürlich auch viel Bewegung im Bereich des IoT, wodurch die Vernetzung von Geräten und Anlagen eine fortlaufende Überwachung und Datenerfassung ermöglicht. Mit Hilfe dieser Echtzeitdaten, können zum Beispiel Probleme frühzeitig identifiziert werden, was zu einer proaktiven, vorausschauenden Wartung führt. Diese Vorgehensweise ist in der Branche auch als Predictive Maintenance bekannt. Darüber hinaus wird es auch Möglichkeiten geben, Roboter in gefährlichen oder schwer zugänglichen Umgebungen einzusetzen. Leider haben wir da kein Exemplar in der Power Academy, den wir vorführen könnten, sicher aber sehr viele andere interessante Themen rund um die Elektrifizierung und Automatisierung im Bereich der Energieverteilung- bzw. Energieübertragung.

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